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Range Extender in Elektrofahrzeugen: Reichweite ohne Reue

  • Autorenbild: Wolfgang A. Haggenmüller
    Wolfgang A. Haggenmüller
  • 8. Juli
  • 7 Min. Lesezeit

E-Fahrzeug mit Range Extender - KI-Generiert
E-Fahrzeug mit Range Extender - KI-Generiert

Die Rückkehr einer totgeglaubten Technik

Lange galt er als Übergangstechnologie – eine technische Krücke auf dem Weg zur vollelektrischen Zukunft: der Range Extender. Doch während viele ihn bereits abgeschrieben hatten, feiert er auf einmal ein beachtliches Comeback. Auf der Auto Shanghai 2025 präsentierten Hersteller wie Leapmotor, Li Auto und Nissan mit Stolz ihre neuen Modelle – ausgestattet mit der einst in Verruf geratenen Reichweitenverlängerung. Und plötzlich ist die Technik, die schon beim BMW i3 REx 2013 für Furore sorgte, wieder hochaktuell. Warum also erlebt der Range Extender gerade jetzt eine Renaissance? Die Antwort liegt in einem Mix aus Marktrealität, Infrastrukturdefiziten, politischen Rahmenbedingungen – und der pragmatischen Einsicht, dass batterieelektrische Mobilität nicht überall und sofort funktionieren kann. Was zunächst wie ein Rückschritt aussieht, könnte sich als entscheidender Brückenschlag zu einer nachhaltigen Mobilitätswende entpuppen.


Rückblick auf die Shanghai Auto Show 2025

Die Shanghai Auto Show 2025 präsentierte eine bemerkenswerte Rückkehr der Range-Extender-Technologie. Chinesische Hersteller wie Leapmotor stellten Modelle wie den C10 mit Range Extender vor, und auch internationale Marken wie Volkswagen kündigten entsprechende Entwicklungen an. Diese Renaissance der Technologie, die einst als Übergangslösung galt, zeigt ihre erneute Relevanz im Kontext der Elektromobilität.


Historie und erste Anwendungen

Die Idee des Range Extenders, also eines zusätzlichen Aggregats zur Reichweitenverlängerung von Elektrofahrzeugen, ist nicht neu. Bereits in den frühen 2010er Jahren wurden Fahrzeuge wie der Opel Ampera und der BMW i3 mit dieser Technologie ausgestattet. Der BMW i3, eingeführt 2013, bot optional einen 647 cm³ großen Zweizylinder-Benzinmotor als Range Extender an, der einen Generator antrieb, um die Batterie während der Fahrt zu laden .

2011 äußerte sich Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer in der automotiveIT zum Range Extender: „Der Range Extender ist der Konkurrenz zwei Jahre voraus. GM und Opel haben sich mit dem Volt und dem baugleichen Opel Ampera einen echten USP erarbeitet.“ Dieses Zitat unterstreicht die damalige technologische Führungsposition von GM und Opel im Bereich der Range-Extender-Fahrzeuge.


Technische Funktionsweise

Ein Range Extender arbeitet typischerweise als serieller Hybridantrieb. Dabei treibt ein kleiner Verbrennungsmotor einen Generator an, der elektrische Energie erzeugt. Diese Energie wird entweder direkt an den Elektromotor weitergeleitet oder in der Batterie gespeichert. Im Gegensatz zu parallelen Hybridsystemen gibt es keine mechanische Verbindung zwischen dem Verbrennungsmotor und den Antriebsrädern, was Gewicht und Komplexität reduziert .


Funktionsschema eines Range Extenders (KI generiert
Funktionsschema eines Range Extenders (KI generiert

 Ein Range-Extender ist meist als serieller Hybrid ausgelegt: Der Verbrennungsmotor treibt kein Rad direkt an, sondern erzeugt über einen Generator Strom. Dieser lädt die Batterie oder versorgt direkt den Elektromotor – der eigentliche Antrieb bleibt rein elektrisch. So entfällt ein komplexer mechanischer Antriebsstrang samt Getriebe. Typisch sind kompakte Benzinmotoren mit 1,0–1,5 l Hubraum, die effizient in einem konstanten Drehzahlbereich laufen. Beispiele: Beim BMW i3 REX kam ein 2-Zylinder-Motorradmotor zum Einsatz, Mazda nutzt im MX-30 R-EV einen besonders platzsparenden Wankelmotor. Auch alternative Konzepte wie Mikroturbinen werden erprobt. Der Verbrenner springt automatisch an, wenn der Akku fast leer ist. In manchen Modellen lässt sich der Generator auch manuell zuschalten, etwa zur Akku-Pufferung vor längeren Fahrten. Das Fahrerlebnis bleibt dabei stets elektrisch: leise, direkt und ohne spürbare Umschaltung. Alternative Energieträger wie Brennstoffzellen oder Gasturbinen sind theoretisch möglich, aktuell dominieren jedoch bewährte Verbrennerlösungen – aus Gründen der Einfachheit und Verfügbarkeit.


Aufbau eines Range Extenders (Ki generiert)
Aufbau eines Range Extenders (Ki generiert)


Gründe für das vorübergehende Scheitern

Trotz ihrer Vorteile konnten sich Range Extender in der Vergangenheit nicht dauerhaft durchsetzen. Gründe hierfür waren unter anderem die zunehmende Verbesserung der Batterietechnologie, die zu höheren Reichweiten führte, sowie der Wunsch nach vollständig emissionsfreien Fahrzeugen. Zudem wurden Fahrzeuge mit Range Extender in einigen Märkten nicht als reine Elektrofahrzeuge anerkannt, was zu Nachteilen bei Förderungen führte.


Aktuelle Relevanz und zukünftige Entwicklungen

In jüngster Zeit erlebt die Range-Extender-Technologie eine Wiederbelebung, insbesondere in Asien. Fahrzeuge wie der Nissan Qashqai e-Power nutzen einen Verbrennungsmotor ausschließlich zur Stromerzeugung, während der Antrieb rein elektrisch erfolgt . Auch europäische Hersteller wie Volkswagen prüfen die Wiedereinführung dieser Technologie, um den Übergang zur Elektromobilität zu erleichtern .ecomento.de+2Blick+2ingenieur.de+2ingenieur.de+1Elektroauto-News.net+1Automobilwoche


Der Aufstieg von REEVs ist Teil eines breiteren Trends in der Automobilindustrie, der sich auf innovative Lösungen konzentriert, um den Anforderungen der Verbraucher und den gesetzlichen Vorschriften gerecht zu werden. Als Brücke zwischen traditionellen Verbrennungsmotoren (ICE) und batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) bieten REEVs mehr Flexibilität und Reichweite.


Vor- und Nachteile


Vorteile von Range-Extender-Fahrzeugen

  • Weniger Reichweitenangst: Lange Fahrten sind ohne Ladepause möglich – einfach tanken und weiterfahren. Besonders hilfreich in Regionen mit schlechter Ladeinfrastruktur.

  • Kleinere Batterie, geringere Kosten: Durch den zusätzlichen Verbrenner kann die Batterie kleiner ausfallen – das spart Gewicht, Ressourcen und senkt den Preis (z. B. in China ca. 4000 € günstiger als reine E-Autos).

  • Alltagstaugliches E-Fahrgefühl: Im Kurzstreckenbetrieb fährt das Fahrzeug rein elektrisch, leise und emissionsfrei. Der Verbrenner läuft nur bei Bedarf im Hintergrund.

  • Flexible Nutzung: Laden an der Steckdose ist möglich, aber nicht zwingend nötig. Ideal für Nutzer, die nicht immer zuverlässig laden können.

  • Effizienter Verbrennerbetrieb: Der Range-Extender läuft im optimalen Bereich, was hohe Wirkungsgrade (bis zu 50 %) und niedrigen Verbrauch ermöglicht (z. B. Mazda mit 1,0 L/100 km WLTP). Weniger Verschleiß und Wartung durch geringen Einsatz.

 

Nachteile von Range-Extender-Fahrzeugen

  • Höhere Komplexität und Wartung: Zwei Antriebssysteme erhöhen Gewicht, Kosten und Wartungsaufwand. Der Verbrenner muss regelmäßig betrieben und gewartet werden.

  • Nicht vollständig emissionsfrei: Im Generatorbetrieb entstehen CO₂ und Abgase – Umweltzonen oder Förderungen könnten eingeschränkt sein.

  • Energieverluste: Der Umweg über Stromerzeugung senkt den Gesamtwirkungsgrad. Auf Langstrecken ist der Verbrauch höher als bei reinen Verbrennern.

  • Mehr Gewicht, weniger Platz: Zusatztechnik beansprucht Raum und macht das Fahrzeug schwerer, was Reichweite und Nutzwert verringern kann.

  • Begrenzte Zukunftssicherheit: Fortschritte bei reinen E-Autos (Reichweite, Kosten) und mögliche Gesetzesänderungen könnten den Range-Extender überflüssig machen. Der Wiederverkaufswert könnte langfristig sinken.

 

Gesetzliche und politische Rahmenbedingungen

In Deutschland wurde das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) eingeführt, um die Nutzung von Elektrofahrzeugen zu fördern. Allerdings wurden Fahrzeuge mit Range Extender nicht immer als förderungswürdig eingestuft, was ihre Attraktivität minderte.  Aktuell diskutieren politische Parteien wie CDU/CSU und SPD über neue Anreize für Elektrofahrzeuge, was auch Auswirkungen auf die Akzeptanz von Range-Extender-Modellen haben könnte .


Aktuelle und geplante Fahrzeugmodelle

Neben dem bereits erwähnten Nissan Qashqai e-Power planen Hersteller wie Leapmotor und Hyundai die Einführung neuer Modelle mit Range Extender. Hyundai arbeitet beispielsweise an einem kleinen Verbrennungsmotor, der die Reichweite von Elektroautos auf bis zu 1000 Kilometer erhöhen könnte .

Der Li Auto L9 ist ein moderner Elektro-SUV mit Range-Extender aus China – ein Beispiel für die wachsende Zahl solcher Fahrzeuge weltweit. Schon früh setzten Hersteller auf diese Technologie, um die Reichweitenangst bei E-Autos zu mindern. Hier ein Überblick über einige Modelle:


·         Opel Ampera / Chevrolet Volt (2011): Frühe Pioniere mit rund 40–80 km elektrischer Reichweite, danach sorgt ein 1,4-Liter-Benziner für rund 500 km Zusatzreichweite.

·         BMW i3 REX (2013): Kompakter Stromer mit 647 ccm Zweizylinder als Generator. Mit 9-Liter-Tank rund 120–150 km zusätzliche Reichweite. Innovativ durch CFK-Karosserie und gegenläufige Türen.

·         Polestar 1 (2020): Leistungsstarker Plug-in-Hybrid mit 34 kWh-Akku für 124 km elektrisch. Verbrenner treibt die Vorder-, E-Motoren die Hinterräder an – ein Technologieträger in Kleinserie.

·         Li Auto L9 (seit 2022): Chinesischer Luxus-SUV mit 44,5 kWh-Batterie (200 km elektrisch) und 1,5-Liter-Generator. Gesamtreichweite ca. 1200 km, starke Ausstattung und 408 PS Systemleistung.

·         Mazda MX-30 R-EV (2023): Kompakter Crossover mit Wankelmotor als Range-Extender. Elektrische Reichweite: 85 km, Gesamt über 600 km. Der Verbrenner lädt nur, treibt nie direkt an.

·         Leapmotor C10 REEV (ab 2025): Neuer chinesischer Crossover mit über 950 km Gesamtreichweite. Kombination aus E-Antrieb und Generator beseitigt Reichweitenangst.

·         Nissan e-Power setzt auf serielle Hybride ohne Ladeanschluss – eine Sonderform des Range-Extenders. Die Vielfalt zeigt die flexible Anwendung dieser Technologie weltweit.

·         BMW Top Aktuell wird gemeldet, dass der bayerische Hersteller zusammen mit ZF an einem EREV-Antrieb arbeite, der in einem iX5 bereits erprobt wird. Der Antrieb soll im  iX5 REx zum Einsatz kommen und könnte bereits 2026 auf den Markt kommen.

·         Volkswagen hat vor einigen Monaten Pläne bekannt gemacht, Range Extender in aktuelle Modelle zu integrieren. Die Spekulationen reichen vom ID.4 bis zum ID.7.

 

S&P Global Mobility prognostiziert, dass die weltweite Produktion von REEV-Leichtfahrzeugen bis Ende 2024 1,238 Millionen Einheiten erreichen wird, von denen der Großteil in Greater China für diesen regionalen Markt gebaut wird.


Globale Entwicklung der REEV-Produktion (quelle: S&P Global 2025
Globale Entwicklung der REEV-Produktion (quelle: S&P Global 2025


Regionale Marktentwicklungen

Die Entwicklung des Marktes für Range-Extender-Fahrzeuge (REEVs) variiert weltweit erheblich, beeinflusst durch regionale Unterschiede in Infrastruktur, Politik, Verbraucherpräferenzen und technologischem Fortschritt. Im Folgenden wird ein Überblick über die Entwicklungen in Europa, Asien (mit Schwerpunkt auf China und Japan) und den USA gegeben, einschließlich der Hauptakteure in der Automobilindustrie und bei Range-Extender-Herstellern.


Europa

In Europa ist der Markt für Range-Extender-Fahrzeuge derzeit begrenzt, was auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist:

  • Strenge Emissionsvorschriften: Die EU hat ambitionierte Ziele zur Reduzierung von CO₂-Emissionen gesetzt, was den Fokus auf reine Elektrofahrzeuge (BEVs) lenkt.

  • Förderpolitik: Subventionen und steuerliche Vorteile konzentrieren sich hauptsächlich auf BEVs, während REEVs oft nicht in gleichem Maße profitieren.

  • Infrastruktur: Der Ausbau der Ladeinfrastruktur in vielen europäischen Ländern reduziert die Notwendigkeit für Range Extender.

Trotzdem gibt es Anzeichen für ein wachsendes Interesse an REEVs, insbesondere in Ländern mit weniger entwickelter Ladeinfrastruktur oder in ländlichen Gebieten.


China

China ist derzeit der weltweit größte Markt für Elektrofahrzeuge und zeigt ein starkes Wachstum im Bereich der REEVs:

  • Staatliche Unterstützung: Die chinesische Regierung fördert "New Energy Vehicles" (NEVs), zu denen auch REEVs gehören, durch Subventionen und politische Maßnahmen.

  • Marktnachfrage: Chinesische Verbraucher zeigen Interesse an Fahrzeugen mit größerer Reichweite, was die Nachfrage nach REEVs steigert.

  • Technologische Innovation: Chinesische Hersteller investieren in fortschrittliche Batterietechnologien und Range-Extender-Systeme, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

Ein Beispiel ist Li Auto, das sich auf REEVs spezialisiert hat und 2024 über 500.000 Fahrzeuge produzierte. Wikipedia


Japan

In Japan setzen Hersteller wie Nissan auf hybride Technologien wie das e-Power-System, das einen Benzinmotor zur Stromerzeugung nutzt, während der Antrieb rein elektrisch erfolgt. AP News


USA

In den USA ist das Interesse an REEVs moderat, beeinflusst durch:

  • Marktpräferenzen: US-Verbraucher bevorzugen oft größere Fahrzeuge mit längerer Reichweite, was REEVs attraktiv macht.

  • Politische Unsicherheit: Wechselnde politische Rahmenbedingungen und Förderprogramme beeinflussen die Investitionen in REEV-Technologien.

Hersteller wie Ford und Mazda entwickeln REEVs, um den US-Markt zu bedienen. TopElectricSUV

 

Hauptakteure in der Automobilindustrie und bei Range-Extender-Herstellern

Automobilhersteller

  • Li Auto: Chinesischer Hersteller, spezialisiert auf REEVs.

  • Nissan: Japanischer Hersteller mit dem e-Power-System.

  • Mazda: Entwickelt REEVs mit Wankelmotor-Technologie.

  • Ford: Plant die Einführung von REEVs in den USA.

  • Volkswagen: Erforscht REEV-Technologien für verschiedene Märkte.

Hersteller von Range-Extender-Systemen

  • MAHLE Powertrain: Entwickelt serielle Hybridantriebe für REEVs.

  • ZF Friedrichshafen: Bietet integrierte Range-Extender-Systeme an. e-hybrid Fahrzeuge Tech International

  • AVL: Führt Forschung und Entwicklung im Bereich Range-Extender durch.

  • Magna International: Bietet Komponenten für REEVs an.


Expertenmeinungen

Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) bieten Range Extender eine sinnvolle Übergangslösung, um die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen zu erhöhen, insbesondere in Regionen mit unzureichender Ladeinfrastruktur .


Fazit

Die Range-Extender-Technologie hat in der Vergangenheit sowohl Befürworter als auch Kritiker gefunden. Mit den aktuellen Entwicklungen und der zunehmenden Nachfrage nach flexiblen Mobilitätslösungen könnte sie jedoch eine wichtige Rolle im Übergang zur vollständigen Elektromobilität spielen. Die Kombination aus technischer Weiterentwicklung, politischen Anreizen und veränderten Nutzerbedürfnissen spricht für eine erneute Relevanz dieser Technologie. Die Entwicklung des Marktes für Range-Extender-Fahrzeuge ist stark regional geprägt. Während China eine führende Rolle einnimmt, sind Europa und die USA zurückhaltender, beeinflusst durch unterschiedliche politische, wirtschaftliche und infrastrukturelle Faktoren. Die Hauptakteure in der Automobilindustrie und bei Range-Extender-Herstellern passen ihre Strategien entsprechend an, um den spezifischen Anforderungen und Chancen in den jeweiligen Märkten gerecht zu werden.

 
 
 

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