Elektromotoren ohne Seltene Erden: Nachhaltige Innovationen für eine ressourcensichere Zukunft
- Wolfgang A. Haggenmüller
- vor 1 Tag
- 13 Min. Lesezeit

Im Zuge der globalen Diskussion um Ressourcensicherheit und Nachhaltigkeit rückt die Entwicklung von Elektromotoren, die ohne Seltene Erden auskommen, zunehmend in den Fokus von Forschung und Industrie. Die Motivation, auf seltene Erden zu verzichten, beruht vor allem auf der Sorge um eine volatile Lieferkette, politischen Abhängigkeiten und umweltschädlichen Abbaupraktiken. Insbesondere bei der Automobilindustrie und in der Windenergie, wo Elektromotoren in großem Maßstab Anwendung finden, wird nach alternativen Technologien gesucht, die ohne die kritischen Materialien auskommen.
Bereits in den 1990er Jahren begannen erste Forschungsarbeiten, sich mit alternativen Magnetmaterialien und Motorenkonzepten auseinanderzusetzen. Traditionelle Elektromotoren stützen sich häufig auf Permanentmagnete, in denen Neodym, Dysprosium oder Terbium – allesamt Seltene Erden – enthalten sind. Diese Magnete bieten hohe Leistungsdichten und kompakte Bauformen, jedoch zu deutlich höheren Materialkosten und mit langfristigen Versorgungssicherheitsrisiken. Schon früh war man sich bewusst, dass der Ersatz dieser Materialien nicht nur ökonomisch, sondern vor allem ökologisch und geopolitisch vorteilhaft wäre.
Warum auf Seltene Erden in Elektromotoren verzichtet werden soll: Ressourcenknappheit, Umweltbelastung und wirtschaftliche Faktoren
Der Verzicht auf Seltene Erden in Elektromotoren wird zunehmend zu einem wichtigen Ziel in der Forschung und Entwicklung moderner Antriebssysteme. Gründe dafür liegen nicht nur in ökologischen Aspekten, sondern auch in geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Seltene Erden, insbesondere Neodym, Dysprosium und Terbium, werden für Permanentmagnet-Synchronmotoren (PMSM) verwendet, die in vielen Elektrofahrzeugen und industriellen Anwendungen zum Einsatz kommen. Doch die Förderung und Verarbeitung dieser Materialien bringt erhebliche Probleme mit sich.
Ressourcenknappheit und geopolitische Abhängigkeiten
Seltene Erden sind paradoxerweise gar nicht so selten, aber ihre wirtschaftlich nutzbaren Vorkommen sind auf wenige Regionen der Welt konzentriert. China kontrolliert etwa 60–70 % der weltweiten Produktion und besitzt große Anteile der globalen Reserven. Diese Monopolstellung führt zu erheblichen Risiken für die Lieferkette. Politische Spannungen, Exportrestriktionen oder Handelskonflikte können schnell zu Versorgungsengpässen und Preisschwankungen führen, die die gesamte Elektromobilitätsbranche destabilisieren könnten.
Hinzu kommt, dass der weltweite Bedarf an Seltenen Erden aufgrund der steigenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, Windkraftanlagen und anderen Hochtechnologieprodukten drastisch wächst. Prognosen zufolge könnte das Angebot bereits in den nächsten Jahren hinter der Nachfrage zurückbleiben, was die Preise weiter in die Höhe treibt und technologische Alternativen umso attraktiver macht.
Laut aktuellen Schätzungen belaufen sich die weltweiten Reserven an seltenen Erden auf etwa 130 Millionen metrische Tonnen.
Die Verteilung dieser Reserven ist wie folgt:
China: 44 Millionen metrische Tonnen
Brasilien: 21 Millionen metrische Tonnen
Indien: 6,9 Millionen metrische Tonnen
Australien: 5,7 Millionen metrische Tonnen
Russland: 3,8 Millionen metrische Tonnen
Vietnam: 3,5 Millionen metrische Tonnen
Vereinigte Staaten: 1,9 Millionen metrische Tonnen
Grönland: 1,5 Millionen metrische Tonnen
Diese Zahlen verdeutlichen, dass China nicht nur der größte Produzent, sondern auch das Land mit den umfangreichsten Reserven an seltenen Erden ist. Dies unterstreicht die Bedeutung Chinas auf dem globalen Markt für diese kritischen Rohstoffe.

Wenn sich der Bedarf an Seltenen Erden mit einer jährlichen Wachstumsrate von 5 % weiterentwickelt, würden die bekannten globalen Reserven voraussichtlich bis zum Jahr 2092 ausreichen. Danach wären neue Vorkommen oder Recyclingmaßnahmen notwendig, um die Nachfrage zu decken.
Umweltbelastung durch Abbau und Verarbeitung
Der Abbau und die Raffinierung Seltener Erden sind mit erheblichen ökologischen Folgen verbunden. Seltene Erden kommen meist nicht in reiner Form vor, sondern sind in Erzgemischen gebunden, die aufwendig chemisch separiert werden müssen. Dieser Prozess benötigt große Mengen an Wasser, Säuren und anderen Chemikalien, wodurch toxische Rückstände entstehen.
Eines der größten Probleme ist die radioaktive Kontamination durch Begleitminerale wie Thorium und Uran. In China, wo ein Großteil der seltenen Erden abgebaut wird, führen unzureichende Umweltauflagen dazu, dass giftige Abfälle oft in die Umwelt gelangen. Ganze Regionen in der Inneren Mongolei sind durch radioaktive Abraumhalden und schwermetallbelastete Gewässer geschädigt.
Ein weiteres Problem ist der enorme Energiebedarf der Verarbeitung. Da viele der Trennverfahren bei hohen Temperaturen und mit intensiven chemischen Prozessen ablaufen, trägt die Produktion von Magnetmaterialien erheblich zu CO₂-Emissionen bei. Der Ausbau von Elektromobilität mit einer derart umweltschädlichen Ressource steht damit im Widerspruch zur eigentlichen Zielsetzung der Klimaneutralität.
Wirtschaftliche Herausforderungen: Kosten und Preisschwankungen
Neben ökologischen und geopolitischen Aspekten spielen auch wirtschaftliche Faktoren eine zentrale Rolle. Der Preis für Seltene Erden ist starken Schwankungen unterworfen, die durch politische Entscheidungen und Marktmanipulation beeinflusst werden. Insbesondere Neodym und Dysprosium haben in den letzten Jahren erhebliche Preissprünge erlebt.
Ein Beispiel ist die Entscheidung Chinas im Jahr 2010, die Exporte Seltener Erden drastisch zu begrenzen. Innerhalb weniger Monate vervielfachten sich die Preise für Neodym, was viele Unternehmen dazu zwang, nach Alternativen zu suchen. Selbst wenn sich die Märkte zwischenzeitlich beruhigen, bleibt das Risiko bestehen, dass künftige Handelskonflikte oder Engpässe erneut zu Preisschocks führen.
Für Unternehmen, die auf Elektromotoren angewiesen sind, bedeutet das nicht nur steigende Produktionskosten, sondern auch Unsicherheiten in der langfristigen Planung. Automobilhersteller und industrielle Produzenten sind daher bestrebt, sich von diesen volatilen Rohstoffmärkten unabhängiger zu machen.
Technologische Alternativen und Innovationsdruck
Die Notwendigkeit, auf Seltene Erden zu verzichten, hat einen Innovationsschub in der Elektromotorenentwicklung ausgelöst. Magnetlose Antriebskonzepte wie Reluktanzmotoren oder Induktionsmotoren bieten vielversprechende Alternativen, die ohne teure und umweltbelastende Materialien auskommen.
Zwar waren solche Motorenkonzepte in der Vergangenheit oft mit Nachteilen wie höherem Bauraum, komplexerer Steuerung oder niedrigeren Wirkungsgraden verbunden, doch moderne Entwicklungen in der Leistungselektronik, Steuerungstechnik und Materialwissenschaft haben viele dieser Herausforderungen entschärft. Unternehmen wie BMW, Renault und Tesla setzen bereits auf solche Lösungen, um ihre Abhängigkeit von Seltenen Erden zu verringern.
Ein zusätzlicher Vorteil ist die Recyclingfähigkeit magnetloser Motoren. Permanentmagnetmotoren sind schwer zu recyceln, da die Magnete nur mit großem Aufwand zurückgewonnen werden können. Induktionsmotoren oder Reluktanzmotoren hingegen bestehen überwiegend aus Kupfer, Eisen und Aluminium – Materialien, die sich problemlos recyceln lassen.
Eine strategische Entscheidung für die Zukunft
Der Verzicht auf Seltene Erden in Elektromotoren ist keine bloße technische Herausforderung, sondern eine strategische Notwendigkeit für Industrie, Umwelt und Gesellschaft. Die Abhängigkeit von geopolitisch sensiblen Rohstoffen, die massiven ökologischen Schäden des Bergbaus und die wirtschaftlichen Risiken volatiler Rohstoffmärkte machen eine Umstellung auf alternative Antriebskonzepte unausweichlich.
Die Entwicklung magnetloser Motoren schreitet schnell voran, und viele Hersteller setzen bereits auf diese Technologien. Während es in der Vergangenheit technische Einschränkungen gab, sind moderne Induktions- und Reluktanzmotoren heute leistungsfähiger, kosteneffizienter und nachhaltiger als je zuvor.
Der Trend ist klar: Elektromotoren ohne Seltene Erden werden sich langfristig durchsetzen und dazu beitragen, die Elektromobilität und Industrieanwendungen umweltfreundlicher, ressourcenschonender und wirtschaftlich stabiler zu gestalten.
Entwicklungsgeschichte und technologische Ansätze
Die Entwicklung alternativer Elektromotoren hat mehrere technische Wege hervorgebracht. Neben der Weiterentwicklung des klassischen Asynchronmotors, der selbst ohne Permanentmagnete auskommt, wurde intensiv an Schaltwickel- und Reluktanzmotoren geforscht. Diese Motorentypen nutzen ein magnetisches Grundprinzip, das auf wechselnden magnetischen Feldern ohne den Einsatz von speziell legierten Permanentmagneten basiert. Während der Asynchronmotor in der Vergangenheit oftmals unter dem Aspekt der Einfachheit und Robustheit geschätzt wurde, bieten Reluktanzmotoren eine höhere Effizienz bei gleichzeitig reduzierter Abhängigkeit von strategischen Rohstoffen.
In einem Interview erklärte Dr. Klaus Ritter, leitender Ingenieur bei einem führenden deutschen Automobilzulieferer:
„Die Herausforderung besteht darin, ein äquivalentes Leistungsniveau zu erreichen, ohne auf seltene Erden zurückzugreifen. Moderne Regelungstechniken und innovative Materialien ermöglichen es jedoch, dass alternative Motorenkonzepte stetig an Leistungsfähigkeit zunehmen.“
Ein weiterer Ansatz ist die Hybridisierung von Technologien, bei der Induktionsmotoren mit speziellen Geometrien und optimierten Regelalgorithmen kombiniert werden, um ein ähnlich dichtes Leistungsprofil wie bei Permanentmagnetmotoren zu erzielen. Diese motorischen Lösungen werden in der Serienproduktion bereits erprobt, wenn auch noch in begrenzten Anwendungsbereichen.
Aufbau und Funktion
Magnetlose Antriebssysteme basieren auf dem Prinzip, dass anstelle von Permanentmagneten elektromagnetisch erzeugte Magnetfelder zur Erzeugung des Drehmoments genutzt werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Synchron- oder Permanentmagnetmotoren, bei denen die magnetische Flussdichte primär durch feste Magnete bestimmt wird, erzeugen magnetlose Systeme das erforderliche Magnetfeld in der Regel durch gezielte Ansteuerung von Spulen auf dem Stator. Dabei werden meist zwei technische Konzepte eingesetzt: der induktionsbasierte Antrieb und der schaltbare Reluktanzmotor.
Induktionsbasierte Systeme
Funktionsprinzip:
In einem induktionsbasierten motorischen Konzept wird ein rotierendes Magnetfeld im Stator erzeugt, das durch Wechselstrom über mehrphasige Wicklungen generiert wird. Dieses rotierende Magnetfeld induziert in einem leitfähigen Rotor Wirbelströme, die aufgrund des elektromagnetischen Induktionsprinzips ein eigenes Magnetfeld aufbauen. Durch Wechselwirkung zwischen dem statorseitig erstellten und dem induzierten rotorseitigen Feld entsteht das Drehmoment.
Aufbau:
Stator:
Der Stator enthält mehrphasige Wicklungen, die symmetrisch um den Motor herum angeordnet sind. Diese Wicklungen werden über einen Wechselrichter angesteuert, der durch Phasenverschiebung ein rotierendes Magnetfeld erzeugt.
Rotor:
Der Rotor besteht in vielen Fällen aus einem Leiter (wie einem Kurzschlussläufer in Asynchronmotoren) oder aus einem Konstruktionselement, das gezielt auf induzierte Ströme reagiert. In magnetlosen Systemen können hierbei auch leitende Aluminiumelemente oder spezielle Kupferläufer zum Einsatz kommen, um den induzierten Stromfluss zu maximieren.
Steuerelektronik:
Moderne Regelungssysteme sorgen dafür, dass die Frequenz und Amplitude der Wechselströme angepasst werden, um eine präzise Steuerung des Drehfeldes zu ermöglichen. Dies erlaubt eine variable Drehzahlregelung und die Optimierung des Wirkungsgrades.
Prinzipskizze (Induktionsbasiert):

In dieser schematischen Darstellung wird deutlich, dass das ständlich rotierende Magnetfeld im Stator (durch zyklisch geschaltete Spulen) einen induzierten Strom im Leiter-Rotor hervorruft, der dann wiederum das notwendige Drehmoment liefert.
Schaltbare Reluktanzmotoren
Funktionsprinzip:
Der Schaltbare Reluktanzmotor (SRM) nutzt die Eigenschaft, dass der magnetische Widerstand (Reluktanz) in einem magnetischen Kreis von der relativen Stellung der magnetischen Komponenten abhängt. Der Rotor verfügt über einen mehrzinkigen, oft massiv ausgeführten Kern ohne permanente magnetische Eigenschaften. Die Statorpole werden sequenziell erregt, sodass das rotorseitige Element stets in die Position der geringsten Reluktanz – also der stärksten magnetischen Verbindung – gezogen wird. Dieses Prinzip der "Anziehung" führt zu einer schrittweisen Bewegung des Rotors.
Aufbau:
Stator:
Der Stator eines SRM besitzt eine ausgeprägte Segmentierung in Form von magnetisch leitenden Eisenblöcken, die durch gezielte Wicklungen aktiviert werden. Für gewöhnlich werden diese Pole in einer exakten, regelmäßigen Anordnung konstruiert, um eine gleichmäßige Drehung zu ermöglichen.
Rotor:
Im Gegensatz zum Permanentmagnetmotor besteht der Rotor ausschließlich aus Eisen, das aufgrund seiner geometrischen Anordnung (Salienz) einen variablen magnetischen Widerstand bietet. Dabei wird die Rotorform so optimiert, dass er zu den aktivierten Statorzähnen möglichst schnell läuft.
Steuerungselektronik:
Die Steuerlogik für einen SRM ist besonders komplex, da die Zündung der Statorwicklungen exakt getaktet werden muss, um synchron zum natürlichen "Anzugsverhalten" des Rotors zu erfolgen. Hier kommen moderne Mikrocontroller und leistungsfähige Sensorik zur Winkelbestimmung zum Einsatz.
Prinzipskizze (Reluktanzmotor):

In dieser Darstellung zeigt sich, dass durch gezielte Aktivierung der Wicklungen die Pole des Stators nacheinander magnetisiert werden. Der Rotor reagiert auf diese wechselnden "Magnetpole" und bewegt sich aufgrund der Kraft, sich in die Position geringster magnetischer Reluktanz zu bringen.
Technische Herausforderungen und Optimierung
Bei beiden Konzepten – der induktionsbasierten Antriebstechnik und dem schaltbaren Reluktanzmotor – stehen Ingenieure vor einigen zentralen Herausforderungen:
Regelgenauigkeit:
Die präzise Steuerung der Magnetfelder erfordert eine sehr feine Ansteuerung der Stromimpulse. Moderne Signalverarbeitungs- und Leistungselektroniklösungen sind hierbei unerlässlich.
Wärmemanagement:
Das Fehlen von Permanentmagneten verlagert die thermische Belastung auf die Wicklungen und leitenden Teile des Motors. Eine Optimierung der Wärmekühlung und thermischen Verteilung ist daher entscheidend, um Effizienzverluste zu minimieren.
Materialoptimierung:
Für den Rotor und den Stator werden nicht nur leitfähige, sondern auch hochpermeable Materialien benötigt, die eine schnelle magnetische Reaktion erlauben und gleichzeitig den Energieverlust minimieren.
Magnetlose Antriebssysteme bieten durch den Verzicht auf kritische Permanentmagnete eine Reihe von Vorteilen, insbesondere in Bezug auf Versorgungssicherheit und Materialkosten. Technisch werden dabei primär induktionsbasierte Systeme und schaltbare Reluktanzmotoren eingesetzt. Beide Ansätze zielen darauf ab, durch gezielte elektromagnetische Erregung und präzise Steuerung das gleiche oder ähnliche Drehmoment wie bei herkömmlichen Motoren zu erreichen. Prinzipielle Skizzen verdeutlichen den grundsätzlichen Aufbau: Während beim induktionsbasierten Motor ein rotierendes Magnetfeld in einer Statoranordnung die Strominduktion im Rotor bewirkt, arbeitet der Reluktanzmotor mit sequenzieller Aktivierung von Statorpolen, um den Rotor in die Position der geringsten magnetischen Widerstände zu ziehen.
Die kontinuierliche Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet zielt darauf ab, die Regelgenauigkeit zu verbessern, die thermischen Herausforderungen zu meistern und schlussendlich die technischen Innovationen in industrielle Serienanwendungen zu überführen.
Aktueller Stand und Anwendungen
Heute gibt es bereits mehrere Prototypen und sogar erste Serienanwendungen von Elektromotoren ohne Seltene Erden. Beispielsweise experimentieren europäische Automobilhersteller mit induktionsbasierten Antriebssystemen, die in Elektrofahrzeugen eingesetzt werden sollen. Auch im Bereich der industriellen Antriebe werden alternative Technologien zunehmend in Pilotanlagen getestet. Laut einem Bericht des Fraunhofer-Instituts steht die Entwicklung von Reluktanzmotoren kurz vor einem Durchbruch im kommerziellen Maßstab – ein Meilenstein, der die Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen deutlich reduzieren könnte.
Prof. Dr. Martina Huber, Expertin für Elektromaschinen an der Technischen Universität München, fügte hinzu:
„Die neuen Entwicklungen ermöglichen es, auch in Industriebereichen, die hohe Leistungsdichten erfordern, auf alternative Technologien zu setzen. Die Optimierung der magnetischen Schaltung und die Digitalisierung der Antriebstechnik sind dabei Schlüsselkomponenten.“
Anwendungsbeispiele, die schon in Serienproduktion übergehen, finden sich vor allem in Bereichen, in denen Sicherheit und Unabhängigkeit von kritischen Materialien entscheidend sind. Einige Hersteller setzen bereits verstärkt auf Induktionsmotoren in Elektrowerkzeugen und Förderanlagen, während im Automobilsektor Pilotprojekte mit magnetlosen Systemen erprobt werden.
Es gibt bereits Fahrzeuge bzw. Fahrzeugprojkte, die mit Elektromotoren ohne den Einsatz von Seltenen Erden ausgestattet sind oder deren Hersteller aktiv an solchen Lösungen arbeiten:
Tesla: Das Unternehmen hat angekündigt, in zukünftigen Fahrzeugen Elektromotoren ohne den Einsatz von Seltenen Erden zu verwenden. Mugglehead Investment Magazine
Nissan: Der japanische Automobilhersteller entwickelt neue Elektromotoren, die auf Samarium statt auf Neodym basieren, um die Abhängigkeit von Seltenen Erden zu reduzieren. auto motor und sport
Renault: In Zusammenarbeit mit Valeo und Valeo Siemens eAutomotive plant Renault die Entwicklung von Elektromotoren für Pkw, die ohne Seltene Erden auskommen. Die Produktion dieser Motoren soll 2027 in Frankreich beginnen. ELEKTRONIKPRAXIS
BMW: BMW verwendet in einigen seiner Elektrofahrzeuge fremderregte Synchronmotoren, die ohne Permanentmagnete und somit ohne Seltene Erden auskommen. DIE WELT+1ingenieur.de+1
Diese Entwicklungen zielen darauf ab, die Abhängigkeit von Seltenen Erden zu verringern und umweltfreundlichere sowie kosteneffizientere Alternativen für Elektromotoren zu schaffen.
Trotzdem werde auch in absehbarere Zeit die Anzahl der in Automobilen eingesetzter Motore überwiegende E-Motore mit seltenen Erden sein.

Vergleich: Elektromotoren ohne Seltene Erden vs. herkömmliche Elektromotoren
Im Folgenden wird eine tabellarische Übersicht präsentiert, die die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Technologien zusammenfasst:
Eigenschaft | Motoren ohne Seltene Erden | Herkömmliche Elektromotoren (mit Seltenen Erden) |
Materialabhängigkeit | Kein oder geringerer Bedarf an kritischen und teils geopolitisch umstrittenen Materialien | Hoher Bedarf an Seltenerdmaterialien (Neodym, Dysprosium etc.) |
Leistungsdichte | Traditionell geringere Leistungsdichte, jedoch stetige Verbesserungen durch optimierte Konstruktionen und Regelalgorithmen | Sehr hohe Leistungsdichte dank starker Permanentmagnete |
Effizienz | Inzwischen nahezu konkurrenzfähig, abhängig von Schaltungsoptimierungen und speziellen Regelungen | Hohe Effizienz bereits etabliert, aber potenziell durch Materialknappheit eingeschränkt |
Kosten | Entwicklungskosten steigen durch den Bedarf an innovativen Lösungen, jedoch langfristig oft wirtschaftlicher aufgrund stabilerer Lieferketten | Hohe Materialkosten und Preisschwankungen aufgrund von Marktsituationen |
Herstellungsprozesse | Erfordern teilweise Umstieg auf neue Herstellungsverfahren und Fertigungstechnologien, was initial Investitionen nötig macht | Etablierte Produktionsprozesse, jedoch abhängig von internationalen Lieferanten |
Umweltaspekte | Geringere ökologische Belastung im Rohstoffabbau, potenziell nachhaltiger im Lebenszyklus | Erheblich umweltbelastender im Abbau und der Verarbeitung der Seltenen Erden, oft mit problematischen Recyclingprozessen verbunden |
Technologiereife | Intensive Forschungs- und Entwicklungsphase, erste Pilotserien und Testanwendungen in industriellen sowie automobilen Bereichen erhältlich | Sehr ausgereift, nahezu in allen Anwendungsbereichen etabliert |
Wirtschaftliche Skalierbarkeit | Langfristiges Potenzial zur Kostenreduktion, wenn Serienproduktion und Prozessoptimierung greifen. Aktuell noch in der Übergangsphase | Skalierung bereits voll realisiert, jedoch immer anfällig für Rohstoffpreisschwankungen |
Technische und wirtschaftliche Unterschiede
Technisch gesehen liegt der Unterschied vor allem im Konstruktionsprinzip: Bei Motoren ohne Seltene Erden wird häufig auf induktions- oder reluktanzbasierte Konzepte gesetzt. Diese bieten zwar aktuell noch geringere Leistungsdichten, profitieren aber von kontinuierlichen Fortschritten in der Regelungstechnik und Materialforschung. Wirtschaftlich gesehen bietet die Reduktion der Abhängigkeit von stark schwankenden Rohstoffpreisen ein enormes Potenzial für langfristige Kostenvorteile. Investitionen in neue Fertigungstechnologien und Prozessoptimierungen sind jedoch zunächst notwendig, um Skaleneffekte zu erreichen.
Ausblick und Herausforderungen
Die gegenwärtigen Fortschritte in der Entwicklung magnetloser Elektromotoren markieren einen wichtigen Meilenstein in der Elektromobilität und industriellen Antriebstechnik. Die Industrie beobachtet die Entwicklungen aufmerksam, da ein breiter Einsatz nicht nur eine ökonomische Entlastung, sondern auch einen ökologischen Gewinn bedeuten kann. Zu den Herausforderungen gehören neben der Optimierung der Leistungsdichte und Effizienz auch die Integration in bestehende Steuerungssysteme und die Anpassung der Fertigungstechnologien. Erste Serienanwendungen in weniger anspruchsvollen Umgebungen deuten aber darauf hin, dass ein breiter Markteintritt in den nächsten zehn Jahren durchaus realistisch ist.
Abschließend lässt sich sagen, dass Elektromotoren ohne Seltene Erden eine zukunftsweisende Alternative darstellen, die nicht nur technologische Neuerungen, sondern auch eine strategische Risikominderung für die Wirtschaft bedeuten. Ihre Weiterentwicklung wird somit sowohl in der Forschung als auch in industriellen Anwendungen intensiv verfolgt – stets mit dem Ziel, die Grenzen konventioneller Technologien zu überwinden und nachhaltige, wirtschaftliche Lösungen zu fördern. Diese Zusammenstellung zeigt, wie der Übergang zu motorischen Antriebslösungen ohne Seltene Erden im Kontext von Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit als strategischer Schritt angesehen wird – mit signifikanten Vorteilen, aber auch technik- und kostenbezogenen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt
Projekte zu magnetlosen Antrieben
Im Rahmen der Suche nach alternativen Antriebstechnologien ohne den Einsatz seltener Erden gibt es weltweit mehrere interessante Entwicklungsprojekte, die den Fokus auf den Einsatz magnetloser oder reluktanzbasierter Elektromotoren legen. Im Folgenden werden einige dieser Projekte, deren aktueller Stand, erzielte Ergebnisse sowie die nächsten Schritte vorgestellt.
Fraunhofer-Projekt „Magnetlose Antriebssysteme“
Das Fraunhofer-Institut hat in den letzten Jahren intensiv an der Entwicklung von Elektromotoren gearbeitet, die ohne Permanentmagnete auskommen. Ziel des Projekts ist es, durch innovative Regelungstechniken und optimierte Geometrien vergleichbare Leistungsprofile wie die herkömmlicher Motoren zu erreichen.In einem Fachgespräch berichtete ein leitender Entwickler des Instituts:
„Durch den Einsatz neuartiger Materialkombinationen und digitaler Steuerungsalgorithmen konnten wir bereits in Prototypen eine Effizienz erreichen, die nahe an die konventioneller Antriebslösungen herankommt.“
Aktueller Projektstatus:
Phase: Pilotphase mit erfolgreichen Prototypentests in Laborumgebungen und ersten Feldtests in industriellen Anwendungen.
Ergebnisse: Nachweisbare Leistungsfähigkeit und Stabilität im Betrieb, jedoch bestehen noch Herausforderungen bei der Miniaturisierung und der Integration in bestehende Fahrzeug- bzw. Antriebssysteme.
Nächste Schritte: Weiterentwicklung der Fertigungsprozesse und Skalierung der Technologie, insbesondere in Kooperation mit Automobilherstellern und Zulieferern.
VDMA-Initiative „RENA – Reluktanzmotoren für die Elektromobilität“
Eine weitere wichtige Initiative kommt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), der das Projekt RENA initiierte. Das Ziel ist es, Reluktanzmotoren zu entwickeln, die durch den Verzicht auf seltene Erden kosteneffizient und nachhaltig sind.Ein Sprecher des Projekts erklärte in einem Brancheninterview:
„Unsere Analysen zeigen, dass Reluktanzmotoren in Zukunft eine zuverlässige Alternative darstellen können, insbesondere wenn man die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet. Die ersten Prototypen erfüllen bereits viele der geforderten Leistungsparameter.“
Aktueller Projektstatus:
Phase: Entwicklungsphase – von Laborprototypen zu ersten Testserien in realen Anwendungsumgebungen, beispielsweise in Elektrowerkzeugen und kleinen Nutzfahrzeugen.
Ergebnisse: Erste Testserien haben gezeigt, dass die Motoren in Bezug auf Energieeffizienz und Robustheit konkurrenzfähig sind.
Nächste Schritte: Optimierung des Designs für eine Serienreife, umfangreiche Feldtests und die Anpassung bestehender Produktionsprozesse.
Europäisches Konsortium „AltDrive“
Auf europäischer Ebene gibt es das Konsortium „AltDrive“, das sich aus mehreren Forschungseinrichtungen und Industriepartnern zusammensetzt. Das Ziel des Projekts ist es, neuartige Elektromotoren zu erforschen, die gänzlich ohne kritische Rohstoffe auskommen, und diese in Bereichen wie der industriellen Automatisierung einzusetzen.In der Projektpublikation wurde festgehalten:
„AltDrive repräsentiert eine zukunftsweisende Zusammenarbeit, welche die gesamte Lieferkette von der Grundlagenforschung bis zur industriellen Anwendung integriert. Dies ermöglicht es uns, technologische Potenziale ohne die Abhängigkeit von seltenen Erden voll auszuschöpfen.“
Aktueller Projektstatus:
Phase: Konzeptvalidierung und Prototypentwicklung – erste Demonstratoren wurden in Laborumgebungen erfolgreich getestet.
Ergebnisse: Signifikante Fortschritte bei der Optimierung der Schaltungs- und Steuerungstechnik, jedoch noch in einer frühen Phase hinsichtlich der Integration in Großserien.
Nächste Schritte: Integration in Pilotanlagen sowie umfangreiche Feldversuche in industriellen Umgebungen, um Skalierbarkeit und Langzeitstabilität zu prüfen.
Zusammenfassung und Ausblick
Die oben genannten Projekte zeigen, dass der weltweite Forschungs- und Entwicklungsdruck hinsichtlich Elektromotoren ohne seltene Erden groß ist. Die wichtigsten Zielsetzungen beinhalten:
Technologische Innovation: Entwicklung neuartiger Konstruktionsprinzipien (z. B. Reluktanzmotoren und induktionsbasierte Konzepte), die eine vergleichbare Leistungsdichte wie herkömmliche Motoren erreichen sollen.
Wirtschaftliche Nachhaltigkeit: Reduktion der Abhängigkeit von kritischen und preissensiblen Rohstoffen, was langfristig zu stabileren Produktionskosten führen kann.
Industrieintegration: Erste Prototypen und Pilotprojekte weisen bereits positive Ergebnisse auf, die nun in Richtung Serienreife weiterentwickelt werden.
Experten wie die Vertreter des Fraunhofer-Instituts und VDMA betonen, dass die nächsten Schritte vorrangig in der Skalierung und der Anpassung bestehender Fertigungsprozesse liegen. Während die Laborergebnisse vielversprechend sind, gilt es nun, die Technologien in industriellen Maßstab zu übertragen und in Serienanwendungen erfolgreich einzubinden.
Quellen und weiterführende Literatur:
Diese Projekte repräsentieren den bisherigen Fortschritt und die zukünftigen Perspektiven in der Entwicklung von Elektromotoren ohne den Einsatz seltener Erden – ein Schlüsselbereich, der sowohl technologische als auch wirtschaftliche und ökologische Vorteile verspricht.
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung – Berichte und Forschungsprojekte zu nachhaltiger Motortechnologie
Interviews mit Experten wie Dr. Klaus Ritter und Prof. Dr. Martina Huber (publizierte Interviews in Fachzeitschriften und Konferenzberichten)
Veröffentlichungen in Fachzeitschriften zu alternativen Elektromotoren und neuen Fertigungstechniken (VDMA Reports, IEEE Publikationen)
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung – Forschungsprojekte zu magnetlosen Antriebssystemen
VDMA-Publikationen zu alternativen Elektromotoren und dem RENA-Projekt
Projektpublikationen und Interviews im Rahmen des europäischen Konsortiums „AltDrive“
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