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Nachhaltigkeit von Global Sourcing im Vergleich zum Lokal Sourcing mit Fokus auf den CO₂-Fußabdruck

Autorenbild: Wolfgang A. HaggenmüllerWolfgang A. Haggenmüller

Die Frage, ob Unternehmen ihre Beschaffungsstrategien auf globaler oder lokaler Ebene ausrichten sollen, ist eine zentrale Herausforderung in der modernen Wirtschaft. Global Sourcing, also die Beschaffung von Rohstoffen und Waren aus aller Welt, hat in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. Doch was sind die Gründe hierfür, welche Vor- und Nachteile gibt es, und wie haben sich die globalen Ereignisse der letzten Jahre auf diesen Trend ausgewirkt?


Die Entscheidung zwischen Global Sourcing und Lokal Sourcing hat nicht nur wirtschaftliche, sondern auch ökologische Konsequenzen. Der CO₂-Fußabdruck eines Produkts ist ein entscheidender Faktor in der Debatte um die Nachhaltigkeit von Beschaffungsstrategien. Insbesondere der Transport spielt dabei eine zentrale Rolle, da er erhebliche Mengen an Treibhausgasen verursacht.


Historie und Gründe des Global Sourcing

Global Sourcing begann in den 1980er Jahren an Bedeutung zu gewinnen, als Unternehmen weltweit begannen, ihre Produktion aus Kostengründen auszulagern. Vor allem Asien, insbesondere China und Indien, entwickelten sich zu den Werkbänken der Welt. Die Gründe hierfür waren vielfältig: Geringere Lohnkosten, günstigere Produktionsbedingungen und eine zunehmende Globalisierung des Handels führten dazu, dass Unternehmen die Vorteile der internationalen Beschaffung nutzten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

 

Ein weiterer Grund für das Global Sourcing war die Liberalisierung des Welthandels. Durch die Reduzierung von Zöllen und Handelsbarrieren sowie durch internationale Abkommen wie der WTO (Welthandelsorganisation) wurde der globale Handel erheblich erleichtert. Auch technologische Fortschritte, insbesondere im Bereich der Logistik und Kommunikation, ermöglichten es Unternehmen, ihre Lieferketten global zu optimieren.


Data-Source: unctad.org


Vorteile des Global Sourcing

Global Sourcing bietet zahlreiche Vorteile. Durch den Zugang zu einem globalen Netzwerk von Lieferanten können Unternehmen von niedrigeren Produktionskosten profitieren. Dies führt zu einer Reduzierung der Gesamtkosten und ermöglicht es den Unternehmen, wettbewerbsfähigere Preise anzubieten. Zudem können Unternehmen durch die globale Beschaffung auf ein breiteres Spektrum an Ressourcen zugreifen und somit ihre Innovationsfähigkeit steigern.

Ein weiterer Vorteil ist die Risikodiversifikation. Durch den Einkauf aus verschiedenen Regionen können Unternehmen das Risiko von Lieferengpässen und Preisschwankungen in einzelnen Märkten minimieren. Dies ist besonders wichtig in Zeiten wirtschaftlicher oder politischer Instabilität.

 

Wo Licht ist, ist auch Schatten: Nachteile des Global Sourcing

Trotz der vielen Vorteile gibt es auch bedeutende Nachteile des Global Sourcing. Ein wesentlicher Punkt ist die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten. Diese Abhängigkeit birgt das Risiko von Lieferverzögerungen und -ausfällen, wie sie in den letzten Jahren häufig aufgetreten sind. Die Blockade des Suezkanals, die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sowie politische Spannungen, wie der Handelskrieg zwischen den USA und China oder der Krieg in der Ukraine, haben gezeigt, wie anfällig globale Lieferketten sein können.

Auch ökologische Aspekte spielen eine Rolle. Die globale Beschaffung führt zu einem erheblichen Anstieg des CO₂-Ausstoßes, da Waren über große Entfernungen transportiert werden müssen. Dies widerspricht den Zielen einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Wirtschaft.

Die Nachhaltigkeit von Beschaffungsstrategien spielt in Zeiten des Klimawandels eine zunehmend zentrale Rolle. Während Global Sourcing wirtschaftliche Vorteile bietet, sind die ökologischen Auswirkungen oft erheblich. Ein Vergleich mit dem Lokal Sourcing zeigt, dass der CO₂-Fußabdruck durch globale Lieferketten erheblich steigt, was die Frage aufwirft, wie nachhaltig Global Sourcing wirklich ist.


Nachhaltigkeit im Global Sourcing und der CO₂-Fußabdruck

Beim Global Sourcing werden Rohstoffe und Produkte über weite Distanzen transportiert. Dies führt zu einem signifikanten CO₂-Ausstoß, der durch den Einsatz von Frachtschiffen, Flugzeugen und Lkw verursacht wird. Der maritime Transport ist für etwa 80 % des weltweiten Warenverkehrs verantwortlich und verursacht jährlich rund 940 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen. Dies entspricht etwa 2,5 % der globalen Treibhausgasemissionen und ist vergleichbar mit dem CO₂-Ausstoß eines Industriestaates wie Deutschland.

Ein Containerfrachtschiff mit einer Kapazität von etwa 10.000 TEU (Twenty-Foot Equivalent Unit) emittiert auf einer Strecke von 20.000 Kilometern etwa 7.500 Tonnen CO₂. Dies entspricht dem jährlichen CO₂-Ausstoß von etwa 1.600 Pkw. Beim Transport mit Flugzeugen, der deutlich schneller, aber auch energieintensiver ist, entstehen pro Tonne Fracht und Kilometer etwa 500 Gramm CO₂. Zum Vergleich: Ein Schiff verursacht auf derselben Strecke etwa 10 bis 15 Gramm CO₂ pro Tonne Fracht und Kilometer.

Ein Beispiel: Der Transport von einem Container (etwa 20 Tonnen) aus China nach Deutschland per Schiff (etwa 20.000 km) verursacht rund 1,16 Tonnen CO₂. Würde derselbe Container per Flugzeug transportiert, wären es rund 10.000 Tonnen CO₂, was das globale Sourcing über Luftfracht zu einem extremen Umweltrisiko macht.


Vergleich: Global Sourcing vs. Lokal Sourcing

Die CO₂-Emissionen unterscheiden sich erheblich, je nachdem, ob ein Produkt lokal oder global beschafft wird. Ein konkretes Beispiel: Wird ein Kilogramm Tomaten von Spanien nach Deutschland transportiert, verursacht das etwa 150 Gramm CO₂, während die gleichen Tomaten aus lokalem Anbau in Deutschland nur etwa 50 Gramm CO₂ erzeugen. Die Transportdistanz und die Art des Transportmittels spielen dabei eine entscheidende Rolle. Der Transport auf dem Landweg verursacht deutlich weniger Emissionen als der Luftfrachtverkehr, während der Seetransport am effizientesten ist.

Bei industriellen Produkten, die in Asien gefertigt und in die USA oder nach Europa verschifft werden, kann der CO₂-Fußabdruck bis zu 60 % höher sein als bei vergleichbaren Produkten, die lokal produziert werden. Studien haben gezeigt, dass allein der Transport eines in China produzierten Laptops nach Europa etwa 4 kg CO₂ verursacht, was etwa 15 % der gesamten CO₂-Emissionen des Produkts ausmacht.

Lokal Sourcing kann den CO₂-Ausstoß erheblich reduzieren. Eine Studie des Institute for Supply Management zeigt, dass der Wechsel von globaler zu lokaler Beschaffung den CO₂-Ausstoß um bis zu 80 % reduzieren kann, insbesondere bei Produkten mit hohem Transportaufwand.

Hier wieder ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen seine Produktion von Elektronikkomponenten aus China in ein nahegelegenes europäisches Land verlagert, reduziert sich der CO₂-Ausstoß für den Transport von 5.000 kg auf nur 1.000 kg CO₂ pro Container. Dies ist eine Verringerung um 80 %, die durch die kürzeren Transportwege erreicht wird.


Auswirkungen der Transportemissionen auf die Umwelt

Der erhöhte CO₂-Ausstoß durch globale Lieferketten trägt erheblich zum Klimawandel bei. Neben dem CO₂-Ausstoß emittieren Frachtschiffe auch Schwefeloxide (SOx) und Stickoxide (NOx), die zur Versauerung der Ozeane und zur Luftverschmutzung beitragen. Diese Schadstoffe haben nicht nur negative Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf die Gesundheit der Menschen in Küstenregionen.

Lokal Sourcing hingegen führt zu einer deutlichen Reduktion des CO₂-Ausstoßes. Durch kürzere Transportwege und eine geringere Abhängigkeit von energieintensiven Transportmitteln können die CO₂-Emissionen um bis zu 80 % reduziert werden. Ein Beispiel: Die Produktion und der lokale Vertrieb von Textilien in Deutschland verursachen nur etwa 20 % der Emissionen im Vergleich zur gleichen Produktions- und Lieferkette, die in Asien beginnt und nach Europa reicht.

Der Transport macht einen beträchtlichen Teil des gesamten CO₂-Fußabdrucks eines Produkts aus. In einer Untersuchung des Carbon Trust wurde festgestellt, dass in einigen Fällen der Transport bis zu 50 % des gesamten CO₂-Ausstoßes eines Produkts ausmachen kann, insbesondere bei Produkten mit geringem Eigengewicht und hohem Volumen.

 

Ein Beispiel hierfür ist die Modeindustrie: Ein einfaches Baumwoll-T-Shirt, das in Asien produziert wird, kann bis zu 10 kg CO₂ pro Stück emittieren, wenn man den gesamten Transportweg bis zum Verkauf in Europa oder den USA berücksichtigt. Der Großteil davon entfällt auf den Transport.

 

Einfluss von Corona und geopolitischen Spannungen

Die COVID-19-Pandemie und geopolitische Spannungen wie der Handelskrieg zwischen den USA und China oder der Krieg in der Ukraine haben die globalen Lieferketten massiv gestört. Dies hat viele Unternehmen dazu veranlasst, ihre Beschaffungsstrategien zu überdenken und verstärkt auf lokale oder regionale Lieferanten zurückzugreifen. Lokale Lieferketten sind nicht nur widerstandsfähiger gegen solche Störungen, sondern auch nachhaltiger.

Laut einer Studie von McKinsey aus dem Jahr 2020 planen 40 % der befragten Unternehmen, ihre Beschaffung in Zukunft lokaler auszurichten, um Risiken zu minimieren und den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. In Europa geben etwa 60 % der Unternehmen an, dass sie ihre Lieferketten diversifizieren wollen, um weniger abhängig von globalen Störungen zu sein und nachhaltiger zu wirtschaften.

 

Kosten-Nutzen-Analyse im Hinblick auf Nachhaltigkeit

Aus wirtschaftlicher Sicht ist Global Sourcing oft günstiger, da die Produktionskosten in Niedriglohnländern deutlich niedriger sind. Doch diese Einsparungen werden zunehmend durch die steigenden Kosten für den Transport und die Einhaltung umweltrechtlicher Auflagen aufgewogen. Die EU plant, ab 2026 einen CO₂-Grenzausgleich einzuführen, der Importe aus Ländern ohne strenge Klimaschutzmaßnahmen mit einer zusätzlichen Abgabe belegt. Dies könnte die Kosten für global beschaffte Produkte erheblich erhöhen.

Lokal Sourcing kann zwar höhere Produktionskosten verursachen, bietet aber eine bessere Kontrolle über die Lieferkette und verringert den CO₂-Fußabdruck erheblich. Für Unternehmen, die Wert auf Nachhaltigkeit legen, ist Lokal Sourcing daher oft die bevorzugte Option, selbst wenn dies mit höheren Kosten verbunden ist.

Lokal Sourcing reduziert nicht nur den CO₂-Ausstoß, sondern fördert auch nachhaltigere Produktionsmethoden. Lokale Produzenten sind oft stärker an umweltfreundliche Praktiken gebunden, da sie strenger reguliert werden und die Nähe zu den Verbrauchermärkten die soziale und ökologische Verantwortung erhöht.


Entwicklung des Trends in den letzten Jahren

Die letzten Jahre haben eine Wende im Bereich des Global Sourcing gebracht. Die COVID-19-Pandemie hat die Verwundbarkeit globaler Lieferketten offenbart. Viele Unternehmen waren gezwungen, ihre Produktionsstrategien zu überdenken und lokale Alternativen in Betracht zu ziehen. Der Stillstand des Suezkanals im Jahr 2021, verursacht durch die Havarie eines Frachtschiffs, und die daraus resultierenden Störungen im Welthandel haben ebenfalls gezeigt, wie störanfällig global vernetzte Lieferketten sind.

Zudem haben politische Entwicklungen, wie der Brexit, der Handelskrieg zwischen den USA und China sowie Sanktionen gegen Russland, dazu geführt, dass Unternehmen zunehmend auf lokale oder regionale Lieferanten zurückgreifen. Auch die Einführung von Zöllen und die Verknappung bestimmter Rohstoffe haben den Trend zum sogenannten „Reshoring“ – der Rückverlagerung der Produktion in heimische Gefilde – verstärkt.

 

Einfluss von externen Faktoren: Steigende Transportkosten und Zölle

In den letzten Jahren haben die steigenden Transportkosten und die Einführung neuer Zölle den globalen Handel zusätzlich verteuert. Der World Container Index zeigt, dass sich die Kosten für den Seetransport von Asien nach Europa in den Jahren 2020 und 2021 mehr als vervierfacht haben. Dies hat dazu geführt, dass Unternehmen verstärkt über die Möglichkeit nachdenken, ihre Lieferketten zu verkürzen, um Kosten zu sparen und gleichzeitig ihren CO₂-Fußabdruck zu reduzieren.


Einfluss auf die Weltwirtschaft und regionale Auswirkungen

Global Sourcing hat einen erheblichen Einfluss auf die Weltwirtschaft und die jeweiligen Regionen. Länder wie China und Indien haben enorm von der Auslagerung der Produktion profitiert und sich zu bedeutenden Wirtschaftsmächten entwickelt. Die Produktion in diesen Ländern hat zu einem starken Wirtschaftswachstum geführt und Millionen von Arbeitsplätzen geschaffen. Allerdings geht dies oft auf Kosten der Arbeitsbedingungen und der Umwelt.

In Europa und den USA hat Global Sourcing hingegen zu einem Rückgang der industriellen Produktion und zum Verlust von Arbeitsplätzen in bestimmten Branchen geführt. Dies hat zu einer verstärkten Diskussion über die Notwendigkeit einer Reindustrialisierung und den Schutz heimischer Arbeitsplätze geführt. In Russland wiederum, das stark von Rohstoffexporten abhängig ist, hat der globale Handel einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität geleistet. Allerdings haben Sanktionen und politische Spannungen den Zugang zu wichtigen internationalen Märkten erschwert.


Kostenvergleich und Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt

Die Kosten von Global Sourcing sind in der Regel niedriger als die von Lokal Sourcing, da die Produktionskosten in Niedriglohnländern geringer sind. Allerdings müssen die zusätzlichen Transportkosten und potenzielle Zölle berücksichtigt werden. Lokal Sourcing kann zwar teurer sein, bietet jedoch Vorteile wie kürzere Lieferzeiten, eine bessere Kontrolle der Lieferkette und eine geringere Abhängigkeit von externen Faktoren.

Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind erheblich. Global Sourcing hat in vielen Industrienationen zum Verlust von Arbeitsplätzen geführt, während in den Produktionsländern neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Lokal Sourcing hingegen kann zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in den betroffenen Regionen beitragen, jedoch mit höheren Kosten verbunden sein.

 

Fazit

Global Sourcing und Lokal Sourcing haben jeweils ihre Vor- und Nachteile. Global Sourcing bietet Kostenvorteile und Zugang zu einem breiten Spektrum an Ressourcen, ist jedoch anfällig für externe Störungen und hat negative Auswirkungen auf die Umwelt. Lokal Sourcing bietet mehr Stabilität und Nachhaltigkeit, ist jedoch teurer und kann die Wettbewerbsfähigkeit einschränken.

Angesichts der wachsenden Unsicherheiten im globalen Handel und der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeit und Resilienz in der Lieferkette ist eine hybride Strategie empfehlenswert. Unternehmen sollten ihre Beschaffungsstrategien diversifizieren und sowohl globale als auch lokale Lieferanten in Betracht ziehen, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können. Letztlich hängt die Wahl der richtigen Strategie von den individuellen Anforderungen und Prioritäten jedes Unternehmens ab. Global Sourcing bietet wirtschaftliche Vorteile, führt jedoch zu einem erheblichen Anstieg des CO₂-Ausstoßes und ist anfällig für externe Störungen. Lokale Beschaffungsstrategien hingegen tragen zur Reduzierung der CO₂-Emissionen bei, sind widerstandsfähiger gegen globale Krisen und unterstützen die heimische Wirtschaft. Angesichts der globalen Klimakrise und der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeit sollten Unternehmen ihre Beschaffungsstrategien überdenken

Lokal Sourcing kann den CO₂-Ausstoß erheblich reduzieren und trägt zur Unterstützung lokaler Wirtschaftskreisläufe bei. Unternehmen sollten daher verstärkt hybride Modelle in Betracht ziehen, bei denen sowohl lokale als auch globale Lieferanten integriert werden, um die Vorteile beider Strategien zu nutzen und gleichzeitig ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Letztlich ist es nicht nur eine Frage der Kosten, sondern auch der Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen.

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